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Die Meisterschaft findet nicht nur auf dem grünen Rasen statt, sondern derselbe ist auch der Hauptakteur – und um genau zu sein, geht es dabei nicht nur um grünes und noch dazu weniger kurzes als vielmehr langes Gras, sondern um eine bunte Artenvielfalt in Flora und Fauna. Die Rede ist von der Vogelsberger Bergmähwiesen-Meisterschaft, die in diesem Jahr zum vierten Mal ausgetragen wird. Nach dreijähriger Unterbrechung aufgrund der Corona-Pandemie wird zudem die Preisverleihung auch wieder in feierlichem und öffentlichem Rahmen stattfinden, und zwar anlässlich des 7. Bergmähwiesen-Festes am 26. Juni 2022 im Ulrichsteiner Stadtteil Feldkrücken.

Von den sie bewirtschaftenden landwirtschaftlichen Betrieben zur Teilnahme an der Bergmähwiesen-Meisterschaft angemeldet werden konnten artenreiche Bergmähwiesen über einer Höhenlage von 350m im Gebiet der Vogelsbergkommunen Grebenhain, Feldatal, Freiensteinau, Herbstein, Lauterbach, Lautertal, Schotten, , Schwalmtal und Ulrichstein. Und dieses Mal sind tatsächlich Wiesen aus allen diesen Gemeinden und Städten im Teilnehmerfeld vertreten. Insgesamt 27 Flächen wurden von ihren Eigentümern ins Titelrennen um die Bergmähwiesen-Meisterschaft geschickt und damit erheblich mehr als im Vorjahr, als es 19 Teilnehmer gab.

„Wir im Vogelsberg brauchen uns mit der bei uns liegenden Hälfte aller Bergmähwiesen in Hessen insgesamt nicht zu verstecken“, meint Joachim Schönfeld, Sachbearbeiter beim Amt für Wirtschaft und den ländlichen Raum des Vogelsbergkreises. Als Mitglied einer 15-köpfigen Jury besichtigte er am Dienstag nacheinander die teilnehmenden Bergmähwiesen im Vogelsberg, um zu ermitteln, welcher landwirtschaftliche Betrieb mit seiner Wiese welche Platzierung belegt und damit am Ende natürlich auch den Titel davonträgt. Zu den Mitgliedern der Jury gehörten weiterhin Marion Schindler als Sachgebietsleiterin für Landschaftspflege beim Vogelsbergkreis, Johannes Euler als Projektleiter vom Naturschutzgroßprojekt Vogelsberg mit seiner Assistentin Julia Blumensaat, Melanie Hahn und Anna Hannappel vom ökologischen Fachplanungsbüro PlanWerk aus Nidda sowie Corinna Vahrenkamp, Sebastian Ernst und Jürgen Busse vom Regierungspräsidium Gießen. Den Part des Naturschutzes vertraten Wolfgang Dennhöfer als Vorsitzender des BUND-Kreisverbandes Vogelsberg, Ernst Happel als Vertreter des NABU-Kreisverbandes Vogelsberg, und Astrid Scharf als Sachbearbeiterin der Unteren Naturschutzbehörde. Für die Landwirtschaft nahmen Kreislandwirt Andreas Kornmann und André Peter vom Kreisbauernverband Vogelsberg teil, sowie außerdem Günter Euler als Bienensachverständiger für den Vogelsbergkreis.

„Es ist bemerkenswert, dass wir es bei den Bergmähwiesen geschafft haben, in diesem Punkt die Konfrontation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz aufzulösen“, freute sich Wolfgang Dennhöfer anlässlich des Beginns der Bereisung. „Landwirtschaft und Naturschutz müssen kein Gegensatz sein“, betonte auch Andreas Kornemann. Die Jury interessiert sich bei der Ermittlung der „besten“ Bergmähwiese für drei grundlegende Wertmaßstäbe. Da sind zunächst einmal ökologische Kriterien. Wichtig sind hier die Artenvielfalt, die Vegetationsausprägung der Wiese mit möglichst vielen standorttypischen Pflanzenarten, und der faunistisch-ökologische Wert, gekennzeichnet durch ökologisch wertvolle Strukturen von Hecken über Totholz und feuchte Stellen bis hin zu Lesesteinhaufen und Trockenmauern. Und weil die Bergmähwiesen durch extensive landwirtschaftliche Bewirtschaftung geschaffene und nur durch diese zu erhaltende Lebensräume sind, werden auch futterbauliche Kriterien bewertet. Dazu gehören die Nutzungselastizität (d. h. wie lange ein Bestand einen annähernd gleichbleibend hohen Futterwert hat), der aus der Zusammensetzung des Pflanzenbestandes ermittelte standortbezogene Futterwert, das mögliche Vorkommen von Giftpflanzen und der Narbenschluss (Gesamtdeckungsgrad der Grasnarbe). Schließlich findet auch der Imkerwert Berücksichtigung. Hier erhalten jene Bestände den höchsten Wert, auf denen ein reichhaltiges und durchgängiges Angebot von sogenannten Trachtpflanzen (von Bienen und anderen bestäubenden Insekten wegen ihres Nektars besonders gerne angeflogenen Pflanzen) zur Verfügung steht.

Wie in den Vorjahren erwartet den Gewinner und die beiden nächstfolgenden Plätze wieder ein Preisgeld durch die Nachhaltigkeitsinitiative „Nähe ist gut“. Auch die artenreichste Fläche als solche wird honoriert werden. Auf das Fest freut sich als Gastgeber bereits Ulrichsteins Bürgermeister Edwin Schneider.

„Wir wollten schon seit langem das Bergmähwiesenfest in unsere Stadt holen“, meinte er mit Blick darauf, dass im laufenden Jahr auch das 675-jährige Jubiläum der Verleihung der Stadtrechte an die Kernstadt Ulrichstein und das 50-jährige Jubiläum der Großgemeinde gefeiert werden.

„Das ganze Dorf hat ‚mobil’ gemacht. Wir sind guter Dinge, dass wir es hinkriegen“, sieht außerdem Sven Stehr als stellvertretender Ortsvorsteher von Feldkrücken und Vertreter der Vereinsgemeinschaft in dem sehr aktiven 249-Einwohner-Dorf dem großen Fest erwartungsvoll entgegen.